Der Missunder Prahm
Von Helmut Ihrens
( aus seinem Buche: Reisen wie Anno - dazumal )
Leider sind nicht unbedingt viele Schriften aus jener Zeit um das 16 Jh. vorhanden,
die etwas mehr Licht in das Dunkel der Fährgeschichte bringen könnten. Und wenn, dann
waren sie oft schlecht oder gar nicht lesbar. Eine Schuldverschreibung aus dem Jahre l471
kann man der Zeitschrift für Schleswig - Holstein und Lauenburg, Bd. III, Seite 191
entnehmen.
In dem gedruckten Werk lesen wir:
"Heinrich Breide war in der Sehließharde angesessen, wo er seinen Besitz
Beträchtlich erweiterte. König Christian 1., der ihm 1471 eine Schuldverschreibung über
1.000,-- Mark ausgestellt hatte, übertrug ihm im Jahre 1472 für seine Schuld von
1.234,-- Mark und 12 Schilling als nutzbares Pfand ("vor ein gebruke lick pant')
alles, was der Landesherrschaft im kirchspiel Boren zuständig war, nebst dem schon
früher zur Schließharde gehörenden Dorfe Ellenberg in Swansen und Missunde."
Daß der Herzog dem König Christian 1. die Fährstelle einst verpfändete, habe ich schon
erwähnt. Eine Akte aus dem Jahre 1576, es wird wohl das älteste Schriftstück über die
Fähre sein, steht folgendes:
"Wir Adolf, von Gottes Gnaden Erbe zu Norwegen, Herzog zu Schleswig -Holstein, thun
kund für uns und unsere Erben und Nachkommen und sonst jedermänniglich, daß wir unsern
Diener und lieben Getreuen Marcus Rütern um seiner langwierigen getreuen Dienste willen
die Vähre zu Messunde zusamt dem Fährhaus geben, daß er es genießen und gebrauchen
mag. Dieser versah seinen Dienst bis zum Jahre 1593.
Die Fährverbindung in Missunde wurde durch Kriegsereignisse besonders oft überfallen und
ausgeraubt. Die Fährleute wurden dabei mehrfach im Fährhause stark beschossen und
vertrieben. Kaum eine Generation dieser Gegend wurde mit kriegerischen Überfällen
konfrontiert.
Missunder Parhm um 1445
Einige Zahlen mögen dies bestätigen:
1626 Wallenstein ist im
Kampf gegen die Dänen,
1618-1648 wütete der Dreißigjährige Krieg unter König Christian
i.V.,
1629 das dänische Heer
zieht erneut durch Angeln,
1644 die Schweden befinden
sich in Angeln und plündern fürchtbar,
1657-1660 Es wütet der schwedisch - polnische Krieg,
1700-1721 der Nordische Krieg zieht durchs Land,
1889-1819 Der Befreiungskrieg tobt, Dänemark war auf Seiten des
Napoleon.
Truppen zogen über die Schlei
gegen Major Schill und dem Herzog von
Braunschweig
1848 Die Schleswig -
Holstein Freiwilligen - Formation floh vor den
Dänen nach Schwansen. Die Holsteiner
zerstörten die Fähre am Südufer und
nahmen alle Boote hierhin mit,
1850 Die Schleswig -
Holsteiner flüchteten nach der Schlacht bei
(23.-26.6.l) Idstedt über eine eiligst hergestellte Pontonbrücke.
1864 Dänische
Artillerie und Infanterie setzen über die Schlei und werden von den
Preusen zurückgeschlagen.
Zu allem Unglück dieser Fährstelle kam es, daß hier bei fast jeder kriegerischen
Auseinandersetzung der verschiedenen Truppen und der flüchtenden Heere regelmäßig
geplündert wurde und daß sie zwischenzeitlich Ausfälle zu verzeichnen hatten, wie:
1. Eisgang
2. verwehte Straßen im Winter
3. Hochwasser
4. Blitzschlag
Der Fährmann Beitram Augustin klagt am 11 April 1795:
"Ich habe viele Lasten diesen Winter gehabt wegen dem langen strengen Frost, um die
Fährbahn offen zu halten. Es haben drei Mann des Nachts übergezogen und viel Arbeit
dabei gehabt. Wegen Nachlässigkeit des Schaufeins von Schnee auf dem Flensburger Weg
(Flensburg-Havetoft-Wellspang-Missunde-Eckernförde) sind keine Reisende übergekommen.
Der Herr Major Refenfeld hat sich sehr beschwert, daß er den Weg nicht kommen könnte. Es
werden hier alle, die in der Nähe wohnen, bezeugen können, daß ich weder Arbeit noch
Kosten spare, die Fähr in der Reihe zu halten, so lange es möglich ist."
Blitzschlag ins Fährhaus am 29. Juni 1866
Pastor Trede haben wir es zu verdanken, daß wir heute diesen Bericht, er stammt aus der
Brodersbyer Kirchenchronik, in Händen halten können.
"Am Nachmittag (Sommer 1866) schlug der Blitz in das Fährhaus. Zum Geburtstag der
Hausherrin ist gerade eine zahlreiche Gesellschaft versammelt. Der Blitz fährt beim
Schornstein nieder und zeigt sieh in mehreren Räumen zugleich."
Nach dem Bericht der Beteiligten geschieht folgendes:
"Die in einem Zimmer sitzenden Frauen stürzen bewustlos zu Boden. Zwischen ihnen
hindurch fährt der Blitz zum Fenster hinaus. Niemand von ihnen geschieht Schaden, nur der
einen ist die goldenen Uhrkette zerschmolzen. In der Küche stehen die Frau des Hauses und
ein Dienstmädchen, auf einem Holzbocke daneben sitzt die Arbeitsfrau. Das Dienstmädchen
stürzt zu Boden - sie sagte nachher:
"Ich dachte, das ist wohl der Tod!" Der Blitz fährt um den Bock und verbrennt
der Drauf sitzenden die Waden (sie lag lange). Die Frau des Hauses bleibt allein
unverletzt, nur etwas Unterkleidung ist ihr verbrannt. In der Schlafstube brennen die
Gardinen und ein Bett. Das Feuer wird aber schnell gelöscht. Die in einem anderen Zimmer
sitzenden Männer sehen einen Feuerklumpen, aber ihnen geschieht nichts."
Pastor Trede erzählt weiter,
"....er habe mit eigenen Augen gesehen, wie der Blitz an den Drähten der Gipsdeeke
entlanggefahren, die Gipsbekleidung zum Teil heruntergeworfen habe, das Eisen der Öfen
hier und da blank geschmolzen, die Goldleisten beraubt und die Wände stellenweise
durchlöchert habe."
Fährmann Nissen hat die Reparaturkosten des Blitzschlages vom 29. Juni 1866 bezahlt.
Die Überschwemmungen von 1625 uud 1694
Wörtlich der "Zeitschrift der Gesellschaft für die Geschichte der Herzogthümer
Schleswig, Holstein und Lauenburg" entnommen.
(Uni-BiN. X 845, Bd. Iii aus dem Jahre 1873)
"Die Sturmflut des 12. und 13. November gab unwillkürlich zu der Frage Anlaß, ob
aus vergangener Zeit Nachrichten über Naturereignisse gleicher Art aufbewahrt seien und
forderte zu Vergleichen auf, über die Höhe des Wasserstandes von damals und jetzt,
über die Größe der Verheerung.
Wie man überhaupt für die Kenntniß unsrer SchIeswig-Holsteinischen Provincialgeschichte
in erster Linie auf die chronischen Aufzeichnungen der Nachbaren, unter ihnen vor allen
auf die reichen Stadtchroniken Lübecks angewiesen sind, so sind sie auch für die
Gewinnung solcher Daten unsre Hauptquelle. Freilich entsprechen sie unsern Erwartungen
nicht ganz. Nachrichten über die Gewalt der Fluthen im ganzen Bereich ihrer Wirkung
suchen wir vergebens, sie erstrecken sieh nicht über den Ort hinaus, an dein der Chronist
selbst Zeuge des Ereignisses war, nur das mochte ihm der Erwähnung werth scheinen,
vielleicht auch seine Kunde nicht weiter reichen. Bei späteren findet sich dann gar bald
sagenhaft detaillirte Aussehmückung, die leicht den Schein der Genauigkeit und
Zuverlässigkeit zu erwecken geeignet ist und dem wirklichen Hergange doch gerade am
allerwenigsten entspricht. In allgemeinen Conturen daher nur ist das Bild der
Ueberlieferungen gehalten, ihre Schätzungen sind unsicher und arbitär."
"Was sie berichten, ist in den Lübeckischen Blättern vom 24. Nov. vorigen Jahres
(1625) Nr.94, Seite 513 - 515 zusammengestellt, auf die hiermit verwiesen sein mag."
Für die neuere Zeit, Hochwasser von 1625 und 1694 bietet das auf dem hiesigen Stadtarchiv
handschriftlich befindliche "Chronicum tragicum" des früheren Kieler
Bürgermeisters Asmus Bremer eine nicht uninteressante Ergänzung, und ist für das Jahr
1694 als Bericht eines Zeitzeugen, und Augenzeugen durch die Genauigkeit seiner Angaben
nicht ohne Wert. Ich lassen sie daher hier folgen:
fol. 101.373-74
Eod. (1625) den 13. und 14. Octbr. ist durch einen starken Nordostwind das salzige Wasser
hieselbst so hoch gestiegen, daß es in 2 Tag u. nächten den sand u. unflaht thor ellen
hoch aufgeworffen. Solcher sand, in allem 122 fuder, hat man darauf wieder abführen und
auf der Schiffbrücke hin und wieder vertheilen lassen.
fol. 511
Ao. 1694 d. 10 Jan. an einem Mitwochen in der nacht hat sich aus dem Nord Nord Osten ein
großer sturmwind erhoben, darvon der Kielische Haven so hoch gestiegen, daß er in der
Holsten Straße bis an das Neuhauser Rauß (das Haus der Grafen Rantzau auf Neuhaus), in
der Küterstraße bis an Franz Stoltings, in der Haßstraße an Jürgen Schwarzen (nach
den Stadtrechnungen von 1694 das ehemalige Schreibmeisterhaus, jetzt dem Tisebler Homann
verkauft, No. 124 20), in der Flemischen Straße an Fanz Hartzen (Das zweite Haus vom
Hafen her) und in der Schumacherstraße bis an das Commissarii Hans Knuhten Haus (Das Haus
neben dem ehemaligen Ballhaus, dem jetzigen Stadthalter, jetzt im Besitze des Herrn Th.
Möllgaard) hinaufgetreten.
Die Holsten Brücke zusamt der Brustwehr an beiden Seiten ist auch unter wasser gestanden
(Man erinnere sich indeß der mittlerweile vorgenommenen Veränderungen und Erhöhungen
der Straßenniveaus), wie auch die Gaße in der Vorstadt bis an Jürgen Bolmans des Becker
hauß (Das achte Haus von der Brücke her).
Die Leute so unten an der Stadtmauren wohnen, mußten sich auf die [Haußboden begeben und
dieser sturm hat sich endlich den folgenden tag etwa 7 Uhr geleget und das waßer
allmehlich seinen Ablauf genommen, worauf man gemereket, daß an den häusern und höven,
so nicht sobald gerettet werden können, kein geringer schade geschehen, welcher
vermuthuch viel größer geworden were, dafem nicht das eiß, womit der haven belegt
gewesen, die spühlung verhindert hätte.
P.Hasse."
Hier habe ich am Beispiel der Stadt Kiel zeigen wollen, wie sehr unsere Vorfahren
besonders unter Naturgewalten haben leiden müssen. Die damaligen Bürger haben in ihrer
Not keine Feuerwehr, Technisches Hilfswerk oder das Rote Kreuz rufen können die dann
Decken oder heiße
Getränke hätten verteilen können.
Leider fand ich bei all meinen Recherchen keine umfangreichen Urkunden und Schriften über
die Fähre von Sundsaecker nach Amis. Eimal liegt es daran, daß die Stadt Amis von ca.
100 Familien aus Kappeln im Jahre 1667 besiedelt wurde und auf der anderen Seite liegen
viele alte Akten und Niederschriften in verstaubten Kisten auf dem Rathausboden der Stadt.
Da die Amiser Bürger fast ausschließlich Fischer und Schiffer waren, sind sie sicher mit
ihren Booten nach Kappeln gesegelt um den gefangenen Fisch verkaufen zu können oder gegen
andere Nahrungsmittel einzutauschen. Darum wird wohl sehr viel später eine
Fährverbindung nach Sundsaeker eingerichtet worden sein.
Dafür aber kann ich bis in das Jahr 1471 durch die Hilfe des hiesigen Fälinnannes Jönk
aus Missunde (die Angaben stammen aber von A. Reiche) eine Reihe von Fährmannem
aufzählen:
Die Fährmänner der Missunder Fähre waren:
1471 Heinrich
Breide
1576 - 1593 Mareus Rüter
1593 - 1600 Jürgen Boje
1600 - 1626 Hans Lornts
1626 - 1653 Marx Surenberg
1653 - 1657 Andreas Callesen
1657 - 1659 Heinrich Kasch
1660 - 1711 Jacques de Bruycker
1712 - 1730 Heinrich Siegmund de Bruycker
1730 - 1778 Schaek de Bruycker
1778 - 1782 Johann Friedrich Meyer
1782 - 1789 Christian August Schnittger
1798 - 1819 Bertram Augustiny
1819 - 1825 Ingwer Hansen
1825 - 1854 Joachim Ludewig Matthias Zerssen
1854 - 1884 Hans Carl Nissen
1884 - 1894 Heik
1894 - 1901 Heinrich Thomsen
1901 - 1904 Klaus Glindemann
1904 - 1929 Peter Thomsen
1929 - 1938 Nicolaus Asmussen
1938-
Heinnch Jöns
Erstaunlich ist es, dab die Fährmänner eigentlich nie aus Missunde stammten.
Von Jürgen Boje weilß man, daß er bei Herzog Johann-Adolf auf Schloß
"Gottorp" als "Feuerböter" Dienst tat und erhält 1593 die Anstellung
als Fährmann. Er mußte aber die Witwe des vorherigen Fährmannes Mareus Rüter mit
versorgen. Dieser wird wohl seine Arbeit gewissenhaft durchgeführt haben, was man nicht
von Hans Lornts behaupten kann. Er ist bei seinem Herzog in Ungnade gefallen, weil er den
Fährlohn nicht gewissenhaft abgerichtet hat. So handelte er sieh nach Jahren eine deftige
Rüge ein weil er die "Fährtaxe" zu niedrig für Pferde, Kühe und Schafe
ansetzte.
Die Rüge hätte für Lornts das Ende des Fährrechts bedeutet, wenn er sich weiterhin mit
dein Herzog angelegt hatte.
Sein Nachfolger, Marx Surenberg, hatte Lornts nach dessen 26-jährigen Fährzeit abgelöst
und weit größere Probleme meistern.
Während des Dreißigjährigen Krieges ist der Heerführer Wallenstein im Kampf gegen den
Dänenkönig Christian i.V. Surenberg hat viele Soldaten über die Schlei ans andere Ufer
gesetzt ohne wohl je etwas dafür bekommen zu haben. Dcr Friede wird im Mai 1648
geschlossen, die Pest übernimmt das bestehende Elend des Krieges. Die Pest bedeutete viel
Elend, aber auch viele Tote. Ganze Dörfer waren menschenleer, versprengte Truppenteile
geplünderten außerdem noch in den Nachkriegsjahren.
Im Jahre 1644 zogen z.B. die Schweden unter General Wrangel und Jorstenson durch das Land.
Sie bekannt waren für ihre Grausamkeiten gegenüber der Zivilbevölkerung und der Lust an
Zerstörungswut und Plünderung.
Andreas Callesen, er war Hof- und Feldtrommler, übernimmt danach den Fährdienst. Die
Kriegsjahre machten die Leute ärmer und verbitterter. Große Schäden am Haus und der
Fähre scheinen reparabel gewesen zu sein. Als der Fährmann stirbt, bittet seine Witwe um
ein Gnadengesuch beim Herzog. Sie bittet um ein Jahr Aufschub der Pacht um das Geld für
Reparaturen in die Fährstelle einfließen zu lassen. Heinrich Kasch übernimmt den
Fährdienst im Jahre 1659. Zu jener Zeit tobte der "Schwedisch - Polnische
Krieg" (1657 - 1660).
Die Truppen nahmen dei Bürgern ihr letztes Hab und Gut. Sie plünderten und
tyrarinisierten die wehrlosen Menschen und machten selbst vor dem Pastor Rodbertns aus
Kahleby keine Ausnahme. Die polnischen Soldaten massakrierten ihn dermaßen, daß er an
seinen Wunden im Jahre 1660 in Schleswig den Qualen erlag. Als fanatische Katholiken
quälten und mißhandelten sie die evangelische Bevölkerung, besonders aber deren
Prediger. Zogen die Soldaten weiter, brannten sie viele Häuser ab. So entstanden über
das ganze Land verteilt viele "wüste Hufen." Zum Teil wurden die Häuser danach
wieder aufgebaut Landesweit hatten fortan alle eine "landesherrliche
Kriegssteuer" zu zahlen, die seit dieser Zeit eine feste jährliche Abgabe wurde und
zu oft nicht aufgebraucht werden konnte.
In der "Geschichte der Stadt Schleswig" schreibt Sach folgende Klage:
"Mit was Winseln und Wehklagen die Gelder erpreßt und zusammengebracht sind, solches
ist dem lieben Gott bekannt, welcher das unermeßliche Seufzen der armen, aufs rote Blut
ausgemergelten Leute im Himmel zweifelsohne wird notabeniert haben."
Herzog Friedrich beschwert sich in einem Schreiben vom 28. Sept. 1657, daß
"...das Wegnehmen der Pferde, des Viehs und der anderen Güter in unserem Ländlein
Angeln sehr Oberhand nimmt," und verlangt eine energische Bestrafung "solcher
lnsolenzien" (La. AXX 1279).
Herzog Christian Albrecht (1659 - 1694), er ist der Begründer der Kieler
Universität, berichtet, daß nach diesen Kriegswirren alles ruiniert ist.
Daraufhin erläßt er eine Verfügung:
"Nachdem wir unserm Feldtrompeter Jaques dc Bruyeker unsere Fehr zu Mißunde auf
Lebenszeit verlehnt, aber durch den zugehörigen Gebäuden dergestalt ruiniert und
verdorben, daß die Einrichtung in rcparatio ein großes crfordern wird, wir derowegen
ihm, unserm Feldtrompeter anstatt solcher reparations Kosten die gnädigste Zusage getan
haben, daß nach seinem Tode eines seiner Kinder unsre Fehr zu Mißunde mit allen
dazugehörigen Gebäuden und Ländereyen auf Lebenszeit besitzen, nießen, gebrauchen,
hingegen auch das Hauß ohne unser Zuthun in baulichem Wesen und Stande unterhalten
sollen. Urkundlich unsres Handzeichens und aufgedruckten fürstlichen Sekrets gegeben auf
unserm Schloß Gottorf am 22. Nov. 1660 - Christian Albrecht -"
Dem de Bruycker kommt dieses Privileg noch einmal durch den Herzog Friedrich i.V..
am 15.4.1695 zugute.
Im Jahre 1702 ist der Herzog Friedrich i.V.. an der Seite seines Schwagers Karl Xli. von
Schweden in Polen gefallen. Seine verwitwete Herzogin übergibt die Regierungsgeschäfte
über Holstein und Gottorp ihrem Schwager Christian August, dem Bischof zu Lübeck.
Der Bischof weilt aber in Kiel und nicht auf Schloß Gottor' um hier zu regieren.
Natürlich spricht es sich schnell herum, daß die Regieiungsgeschäfie nicht von Gottorf
mit fester Hand gesteuert werden. Auch im Fahrwesen von Missunde reißt eine Gewohnheit
immer mehr ein, daß das Geld für das Übersetzen mit der Fähre in private Taschen
wandert.
Jacqucs de Rruycker berichtet seinem
"Hochwürdigem Durchlauchigsten Herzog, Gnädigsten Fürsten und Herrn, daß er bei
hellem Tage einen Kahn, der von Goltorif nach Bohnen zwei Schlachtbeester transportieren
wollte, angehalten habe und die Beester bis auf weitere gnädige Verordnung nach Missunde
mitgenommen habe..."
In einem Erlaß von Christian August und Karl Friedrich heißt es dann dementsprechend
die ober- und unterhalb der Missunder Fähre wohnenden Dörfler werden bedroht, daß bei
Beförderung ftembder reisender personen, auch güter und wahren, wagen, pferde und vieh
zum nicht geringen naehtheil der Meßunder Fehre und befraudation 7 des Gottorper Zolles
nicht allein die Kähne und darin befindlichen güter sotört confiscieret sondern auch
die thater mit harten Strafen anderen zum exempel belegt werden sollen.
Damit aber niemand mit unwissenheit sich entschuldigen könne, wollen wir gnädigst, daß
dieses in allen an der Schlei gelegenen Kirchen publizieret werden soll
- Gottorp. 21 Febr. 1709 -"
Der Junior des alten Jacquest, er starb im Jahre 1711, bittet bei der Übernahme des
Fährrechtes trotz des zweimal erteilten "Privilegs" dem Herzog um Belehung des
Fährrechtes da ich schon seit 1700 die Arbeit an der Fehr geleistet und ohne diese
Hochfürstliehe Gnade ich bei diesen gefährlichen und schlechten Zeiten nicht wüste,
wohin ich mich mit meiner zahlreichen Familie wenden sollte"
Der junge Heinrich de Bruycker weiß wovon er spricht. Es ist die Zeit des
"Nordischen Krieges"(1700 - 1721)
Nachdem der junge Heinrich Siegmund das erste Jahr überbrückt hatte, erteilte er
dem Herzog Bericht über das verstrichene Pachtjahr:
"Üntenhänigst Anzeige und Bitte vom 28. Okt. 1712" in dem es heißt,
"...daß im verwichenen Sommer mit recht geringen Kosten die Fähre an sich selbsten
als auch die dazu benohtighen Tauen und Kahnen theils reparieret, theils ganz neu
verfertigen lassen in meinung, eine Zeitlang gut davon zu haben, so hat sich kurz darauf
zugetragen, daß bekanntermaßen lhre Königliche Majestät zu Dänemark mit der gantzen
Suite, item die Artillerie, bediente und Handpferde sieh über sotane Fähre haben setzen
lassen, womit eine geraume Zeit Tag und Nacht zugebracht, die Fehr und die große
Kostbaren Tauen aber von denen nach über 400 übersetzten wagen und 500 pferden dermaßen
vernichtet worden, daß man von neuem eine kostbare Reparatio ohn umbgänglich zur Hand
nehmen muß. Was nun, Onädigster Furst und Herr?
Ich habe für solche ungemeine mühe und arbeit mit verschiedenen Personen eine geraume
Zeit tag und Nacht zugebracht und mehr Arbeit verrichtet als sonst in einem ganzen Jahr zu
geschehen pflegt und dafür nicht einen einzigen Heller empfangen, wogegen. ich doch
selbst habe die Leute bar bezahlen müssen.
So gereicht an Ew. Hochfürstliche Durchlaucht meine unterthänigste Bitte, Sie geruhen
gnädigst dero ordre dahin zu erteilen, daß mir wegen obgeinelten bekandten großen
Transports wenigstens 36 rhtl. gereichet werden mögen, damit ich Fahrzeug und Tauen
wieder in behörigen Stand fohrdersamst bringen könne. Ich getröste mich gnädigster
Erhörung."
Der Herzog mag wohl ein Einsehen mit dem Fährmann gehabt haben. Die
"gnädigsten" sah so aus, daß der Herzog dem Fährmann nach all den Strapazen
immerhin aber nur 15 Reichstaler zukommen ließ.
Es kamen danach auch Zeiten in denen er keine finanziellen Sorgen hatte und zum Dank der
Kirche zu Brodersby (Angeln) eine Kanzel und einige Leuchter stiftete.
Nach vielen Jahren der Arbeit übernimmt sein Sohn, Sehaek de Bruycker, am 23. Mai 1730
das Amt.
Einer "Concessioncc vom 21.12.1729 zufolge verpflichtet er sich die Fehre aus seinen
eigenen Mitteln unterhalten zu wollen und nach seinem Ableben seine Erben Fähre und
Fährhaus in untadelhaftem Zustand wieder abliefern zu woIlen."
Mit dem Ende des Nordischen Krieges ging die Fährhoheit an die Deutsche Kanzlei in
Kopenhagen über. Warum die Fährkonzession nicht weiter vererbt wurde ist aus den Akten
nicht weiter zu entnehmen. Fortan, nämlich vom 20. Nov. 1778 an, übernimmt Johann
Friedrich Meyer aus Schleswig einen Kontrakt auf Lebenszeit. Der Pächter ist aber nicht
zufrieden mit der "untadelhaften" Ablieferung seitens der Bruycker'schen Erben.
Das Wohnhaus war 71 Fuß (20,30m) lang und 27 Fuß (7,70m) breit. (Ein Angeliter Fuß maß
28,575 cm).
Meyer gibt die Pacht nach etwas über 3 Jahren wieder ab Wieder kommt ein Schleswiger der
ihn ablöst.
Der neue Pächter unterschreibt folgende Urkunde:
"Daß mir die Messunder Fähre und das Fährhaus cum pertinentus am heutigen dato
nach vorgeschriebenem lnventario von dem königlichen Hausvogt Waldemar überliefert
worden, wird vermittelst meiner eigenhändigen Unterschrift hirdurch von mir attestiert
und versichert, Messunde, 10. Fehr. 1782
"-Christian August Schniffger-"
Der Mann scheint alkoholiker gewesen zu sein oder er ist es hier in der Zeit als Fahrmann
geworden. Die Klagen häuften sich. Aus dem Jahre 1788 lesen wir; daß der Pächter
Christian August Schnillger in den letzten Jahren eine zerrüttete Wirtschaft geführet,
daß er dem Trunke ergeben, auch nicht ohne Zwang die königliche Pacht hat autfringen
können, ist nicht in Abrede zu ziehen, da er beinahe stets besoffen ist."
Die beiden Söhne, Otto und Jürgen Ludwig Schnittger aus Schleswig, kündigen die
geleistete Bürgschaft für ihren Vater auf; aber die Deutsche Kanzlei lehnt ab. Die
Söhne müssen für die Schulden und Rückstände ihres Vaters aufkommen.
Danach übernehmen die Brüder Bertram und Friedrich Augustiny die Verwaltung der Fähre.
Eine ruhige Zeit beginnt, es ist die Zeit der französischen Revolution. Dänemark trat an
die Seite Napoleons, und dänische sowie schleswig-holsteinische Truppen traten schon in
Aktion, als es galt, Major Schill und den Herzog von Braunschweig unschädlich zu machen.
Heerscharen von Truppen gingen über die Schlei. Auch der Winter brachte dem Fährbetrieb
Schaden. Im Jahre 1801 bittet der Fährmann um ein neues Fährhaus, da das alte für die
Reisenden nicht bequem genug erschien.
Bereits im Jahre 1805 wird das neue Haus beschrieben.
Die Länge beträgt 72Fuß = 20,57 m
die Breite beträgt 37Fuß = 10,57 m
Das Haus hat unten Brandmauern, zwei Schornsteine und eine Haustür nach Westen mit einer
Treppe gerichtet.
Die Schankstube mißt 4 Fach = 10,00 m
der Saal mißt 4 Fach = 10,00 m
in die Wohnstube mißt 3 Fach = 7,50 m
Links vom Flur ist eine 2-Fach - Stube (5 m), eine commodite - Kammer und eine
Knechtenkammer. Alle Fußböden haben schon hölzerne Planken, außer Vordiele und Küche
sind aus Stein. Alles ist mit guter Ölfarbe angemalt. Das Haus ist mit 4480 Reichstalern
in der Brandkasse am 20.März 1807 versichert worden.
Der Fährverkehr hat sich im Jahre 1813 so gesteigert, daß der Fährmann einen weiteren
Fährknecht einstellen. mußte. Somit stiegen aber auch die Kosten. Aus diesem Grunde bat
der Augustiny dem Herzog um die Erlaubnis, die Fährtaxe zu erhöhen. Diese Bitte wurde
anfangs abgeschlagen. Trotz des Umsatzes hatte der Fährmann große Mühe seine Frau und
die sieben Kinder zu ernähren und dazu noch 235 Reichstaler jährliche Pacht
aufzubringen.
Im Alter von 62 Jahren gibt er die Fährpacht am 13. Okt. 1818 ab. Er mußte aufhören,
weil seine Pacht im Rückstand war und er das Haus verfallen ließ.
Danach kam Ingwer Hansen aus Eckernförde nach Missunde als Fährmann. Seine Pacht wurde
von "Maytag 1819 bis Maytag 1825" abgeschlossen. Die Pachtbedingungen waren wie
in den vorangegangenen Verträgen so festgelegt, daß der Pächter die Einkünfte der
Fähre auf die bisher gebräuchliche und herkömmliche Weise zu genießen habe."
Hansen wollte, daß ab Anfang des lahres 1820 ein höheres Fahrgeld entrichtet werden
sollte und daß das Fahrgeld in seinem Hause zu entrichten sei. Sicher hatte er sich etwas
dabei gedacht, denn er war gleichzeitig "Gastund Schankwirt". Proteste werden
laut - wie; "Da herkömmucherweise ein Reisender nicht gerne eine Schankstube
betritt, ohne etwas - und sei es nur eine Kleinigkeit - zu verzehren, Wenn z.B. ein Reiter
sein junges, wohlgenährtes und mutiges Pferd neben anderen vor dem Hause anbinden müsse,
so könne es ihm inzwischen leicht beschädigt werden oder das Reitergesehirr verderben.
Ähnliche Gefahren gab es für die Wagenfahrer; denn es war nicht immer ein Aufpasser da,
fand er sich aber, so war eine lästige Ausgabe damit verbunden." Es wird weiter
Unmut laut. Hansen stellte auch ungleiche Geldforderungen an die Reisenden und ließ sie
"mitunter also bestechen."
Viele Reisende zogen fortan den längeren Weg über die Stadt Schleswig oder Amis vor.
Alle Bewohner um den Fähranleger herum wie auch die adligen Güter von Eschelsmark,
Stubbe, Büstorf und Omum protestierten energisch gegen die neue Fährtaxe. Schließlich
zogen die "Roßhändler und Viehlieferanten über das Areal dieser Bürger."
Der Ornumer Gutsbesitzer Paulsen protestierte besonders heftig. Er gab an, daß das
Fährgeld um 2/3 überteuert war. Außerdem weist Paulsen darauf hin, daß das Fährtau
auf Omumer Grund und Boden an eingegrabene Pfähle vertäut war. Kopenhagen reagiert
spontan und droht Paulsen eine Strafe von "160 Reichsbanktaler Silbermünze" an
wenn dieser das Fährtau kappen sollte. Auch protestiert Paulsen gegen die Machenschaften
des Fährpächters, daß die Taxe in der Gastwirtschaft zu entrichten und die Anordnungen
hierüber nur 2 Tage lang öffentlich angeschlagen sei.
Doch ganz plötzlich zeigt Hansen an, daß die Fähre am 14. Febr. 1823 gesunken sei.
Sicher hatten hier einige Bürger ihre Hände mit im Spiel. Bis zum 25. Febr. machten sich
über 20 Mann täglich daran, die Fähre zu bergen. Erst am 4. Juni kann Hansen die Fähre
wieder einsetzen. Weshalb die Fähre sank ist aus den alten Akten nicht zu ersehen.
Endlich wird die Taxe am 20. Nov. 1824 gesenkt. Nach der neuen Gebührenverordnung
unterschied man wie folgt:
Bauernwagen
Frachtwagen
Kührwagen mit einem Stuhl
Kührwagen mit mehreren Stühlen
Hopfenkarren
Karren mit 2 Pferden
Carriolen
Chaisen
Cabriolets
Jagdwagen
Kutschen mit 2 Pferden
Kutschen mit 4 Pferden
Missunder Prahm um 1864 mit Schiffsbrücke (Missunder Schanzen)
Die "General - Postdirektion in Kopenhagen" spricht sich zu den neuen Taxen wie
folgt aus: "...niemand ist schuldig, den Fährleuten Trinkgeld zu geben, und das
Fährgeld kann nach Belieben im Fährhaus oder an die Leute des Fährpächters bezahlt
werden."
1ter Maytag 1825 rückt näher, und Hansen geht. Zerssen aus Eckernförde wird sein
Nachfolger nachdem man ihn unter 42 Bewerbern als Fähnnann auserwählt hat. Man einigt
sich auf die Pacht von 758 Reichsbanktaler.
Es ist nicht zu übersehen, daß der Handelsweg aus dem Süden sich stark topographisch
verschoben hat. Die Händler ziehen aus dem Süden kommend durch Schleswig auf westlicher
Seite der Schlei weiter nach Norden und umgehen somit Missunde.
Ihr Weg führt sie immer seltener über den alten Handelsweg vom Süden kommend in
Richtung Norden über die Fähre. Der alte Handelsweg, der hier fortan nur noch eine
Nebenrolle spielt, wird auf den Anfang um das 12. Jahrhundert geschätzt. Das
Eckernförder Verkehrskommitee gibt in einer Einlage vom 15. Juni 1840 an die Regierung
eine Klage aber die zu hohe Fahrtaxe ein, die "Angeln vom Eckemförder Markt stetig
weiter abtrennen".
Zerssen erklärt sich bereit, die Taxe zu senken wenn die Pachtgebühren verringert
werden. In dem über 4 Seiten langen Brief schreibt er weiter, daß in den letzten Jahren
der Verkehr sehr zurückgegangen sei
"Großer Schaden brächten die Diligeneen, die von Hamburg über Itzehoe, Rendsburg
und Schleswig nordwärts reisten. Auch Frachtwagen, mit 4 bis 6 Pferden gezogen, zogen es
trotz strengen Verbots immer mehr vor, den Raddebyer Damm zu benutzen, so daß über
Missunde bald kein einziger Frachtwagen mehr komme. Dabei sei der Weg Hamburg - Kiel -
Missunde - Flensburg reichlich eine Meile näher als der Weg über Schleswig".
Als König Christian VIII. im Herbst 1842 auf seiner Reise von Noer nach Äugustenburg die
Fähre in Missunde passierte, durfte Zerssen seine Nöte dem König persönlich vortragen,
und dieser ermunterte ihn, einen neuen Antrag einzureichen. In dem neuen Antrag beruft
sich Zerssen auf die Fremdenliste des Rendsburger Wochenblattes, die die Zunahme des
Verkehrs mit königlichen Diligencen über Rendsburg beweise. Auch von den Wochenwagen
gehe kein einzelner mehr über Missunde.
Auch beklagt er sieh über einen "Chausseepian der Regierung", der
"Kunstmäßig und fest gebaute Hauptlandstraßen" vorsehe, aber den bisher so
wichtigen Verkehrsweg über Missunde als Nebenstrecke eingetragen habe. Die Straße Kiel -
Eckernförde - Schleswig sollte auf Betreiben seiner Durchlaucht des Prinzen-Stadthalters
schon im Frühjahr 1844 in Angriff genommen werden. Ebenso sei der Straßenbau Rendsburg -
Schleswig in Vorbereitung. Auf den Bau der Eisenbahn Altona - Kiel weist der Fährpächter
mit bitteren Worten hin, wie auch auf die Zunahme des Dampfschiffsverkehrs Kiel -
Dänemark. Um das Bild des Jammerns abzurunden, schildert er zum Schluß die schlechten
Wegeverhältnisse zwischen Eckernförde und Flensburg. Besonders der Ornumer Weg und der
Scholderuper Berg werden kritisiert. Die Fahrtaxen werden deutlich nach der drillen
Binsehrift des Jahres 1842 ermaßigt und die Pacht heruntergesetzt. Mehr zahlen müssen
bei Kutschen und Wiener Wagen in Zukunft die Anzahl der miffahrenden Personen. Nach
Zerssen übernahm sein Schwiegersohn Hans Nissen die Pacht der Fähre.
Im "Pachtcontrackt" von Nissen heißt es an einer Stelle:
"Wenn wegen Nichtbefolgung der Verfügung von 1809 einer Verunglückung geschehen
sollte, ist unerbittliche Karrenstrafe, wenigstens Lebensstrafe für die Fährleute und -
nach Befinden - auch für den Pächter damit verbunden.Fährtransporte aller in
königlichen Diensten (gemeint sind dänische) ankommende Fuhren, Pferde und Mannschaftcn
müssen unentgeltlich und ohne Aufenthalt beschafft werden - auch bei Rückkehr ohne
Ladung. Deshalb muß der Fahrpächtcr immer drei Fährleute halten
Girenz- und Steuerbeamte in Uniform brauchen keinen Ausweis vorzuzeigen, ebenso Schnell-
und Reitposten sowie deren Beiwagen, die Couriere und Estafetten der Staatsbehörden,
sowie die von der Postbeförderung zuaückgehenden Wagen und Pferde. Wird durch Krieg die
Fahre länger als sechs Wochen stillgelegt, kann der Pächter für jeden Tag 1/365stel
Jahrespacht zurückhalten.
Für die lange Koppel (sie gehört noch heute zum Fährhaus) muß der Pächter jährlich
an die Dorfschaft Brodersby 9 Taler bezahlen, und zwar Michaelis. Sämtliche Habe und
Güter des Pächters sind für die Innehaltung der Pachtzahlung verpfändet. Auch der
Bruder des Pächters, Gastwirt und Sandmann Peter Nissen zu Böklund, haftet mit für die
Pachtschuld mit seiner ganzen Habe."
Weitere Ereignisse kann man den Akten des Landesarchives nicht entlocken, außer, daß der
König Friedrich VII. im Sommer 1861 mit dem Bau von Befestigungsanlagen bei Missunde
beginnt.
Viele Arbeiter müssen täglich zur "anderen Seite der Schlei" befördert
werden. Nissen bekommt für diesen Fährdienst laut Pachtvertrag aber keine Vergütung. Er
stellt aber durch diesen lang anhaltenden Arbeitsvertrag für seine Mehrbelastung im Dez.
1861 den Antrag auf eine pauschale Vergütung weil die Dienste des Mannes so nicht in
Verbindung mit dem Vertrag als normale tägliche Übersetzung von Staatsdienern angesehen
werden kann. Der Antrag wird abgelehnt.
Man gibt an, daß die Arbeiter in königlichen Diensten stehen und Nissen durch diesen
lebhaften Verkehr mehr Umsatz in seiner Gastwirtschaft hätte. Da mag etwas dran sein,
denn als Nissen im Jahre 1863 eine Verlängerung des Pachtvertrages anstrebt, heißt es in
einer Bescheinigung der Hausvogtei, daß Nissen gut gewirtschaftet könne. Er hatte sich
Land gekauft und besitzt immerhin 2 Pferde. In der Beurteilung heißt es weiter daß
Nissen die beiden Pferde sehr wohl auch für Hilfeleistungen Reisender einsetzt. Auch die
großen Schwierigkeiten bei Sturm und Eisgang habe er immer gut gemeistert. Im Fährkrug
werde bei billigsten Preisen gut bewirtet, und aus den angeführten Gründen werde eine
Verlängerung der Paehtzeit bis 1884 befürwortet.
Im November 1863 kommt der König Friedrich VII. zusammen mit der Gräfin Banner auf einem
Schiff die Schlei herunter.
Es wird erzählt, daß der König durch seine Körperfülle nicht durch die Kajütentür
ins Bootinnere paßte. So bleibt er eben draußen an Deck sitzen obwohl das Wetter kalt
und regnerisch ist. Er scheint trotzdem gut gelaunt zu sein und ißt die angebotenen
Pellkartoffeln. Auf der Fahrt wird er sich einen grippalen Infekt zugezogen haben. Am
anderen Tag klagt er aber eine schmerzende Nase und reist gleich wieder zurück nach
Glücksburg wo er dann plötzlich am 15. Nov. 1863 verstarb.
Die Besitzansprüche Schleswig-Holsteins standen danach wieder einmal mehr im Vordergrund.
Schon im Jan. 1864 wurden die neuen dänischen Schanzen, drei auf der Burger Höhe nahe
dem Fährhaus und fünf vor und hinter dem Dorfe Missunde auf der Schwansener Seite, von
dänischer Artillerie und Infanterie besetzt. Aus dem Süden kamen weitere dänische
Abteilungen hier durch. Die Fähre konnte diese Menschenmassen nicht allein bewältigen.
Kurzerhand konfiszierte man zwanzig Schiffe aus Kappeln, Amis und Missunde um die
aneinander quer über die Schlei binden zu können um so eine Schiffbrücke für die
schnellere Überquerung zu schaffen.
Nach erfolgter überquerung wurden die Schiffe am 5. Febr. von den Dänen versenkt, dann
von einem österreichischem Pioniercorps wieder gehoben und noch einmal zum Brückenbau
verwandt.
Die Preußen wurden am 1. Febr. stündlich erwartet. Die meisten Bewohner des Dorfes
Missunde flohen über die Schlei in Sicherheit. Um 11 Uhr gab Prinz Friedrich Karl, auf
dem Hügel der Ornumer-Mühle, den Befehl "Feuer frei".
Gegen 14 Uhr schlugen die Granaten konzentriert ein. Die Strohdachhäuser brannten
lichterloh. Die Preußen gaben bekanntlich den Übergangsversuch auf und kurz nach dem
Gefecht traf König Christian IX in Missunde ein um die Schanzen in Augenschein zu nehmen.
Die Dänen zogen arn 5. Febr. am späten Nachmittag ihre Posten ab und machten sich im
Schutze der Dunkelheit im Eiltempo über die vereisten Wege nach Dybbel.
Am 9. Sept. wurde die Brücke zum Abbruch für 320 Mark Schlesw.-Holst.-Courant in Auftrag gegeben. Damit die Schiffe hierbei nicht beschädigt wurden, übernahm der Brückenvogt Bernhardt die Verantwortung.
Das Missunder Fährhaus (Schwansenerseite) um 1879
Allgemein Erwähnenswertes noch nach Reg. - Dir. Otto von Zeissen.
Nachdem die "Schleswig - Holsteinische - Freiwilligen - Formation" am 9 April
1848 bei Bau geschlagen waren, ging ein Teil dieser Truppen bei Missunde über die Schlei.
Es wurde schon erwähnt, daß die Fähre unbrauchbar gemacht wurde indem das Fährseil zum
anderen Ufer einfach gekappt wurde. Außerdem wurden alle Boote mit ans Südufer genommen
(Schwansener Seite).
Das 5. dänische Bataillon und zwei Kanonen der Batterie Dinesen, die den fliehenden
Schleswig-Holsteinern über Welispang gefolgt waren, gelangten in der Nacht zum 12. April
1848 zur Fährstelle, konnten aber nicht übersetzen. Da meldete sich ein Infanterist
Niels Peder Larsen und erbot sich, auf einem Scheunentor über die Schlei zu segeln. Ein
Artillerist half ihm dabei. Es wurde das Scheunentor des Fährhofes ausgehängt und so
trieben sie ans andere Ufer um die Boote zu holen. Handwerker der Gegend reparierten den
Fährprahm. Ein Teil der Dänen aber blieb mit den beiden Kanonen beim Fährhaus liegen.
Im Jahre 1873 wurde im Fährhaus Missunde eine "Kaiserliche Postagentur"
eingerichtet. Für diese Extraaufgabe bekam der Fahrmann Nissen als nebenberuflicher
Postagent 90 Taler im Jahr, ein Briefträger bekam zu jener Zeit 140 Taler. Daß hier in
Missunde eine Poststelle eingerichtet wurde, hatte den Vorteil, daß die Einheimischen wie
auch die Bürger des gesamten Kirchspieles Brodersby noch im Winter 1864 zweimal
wöchentlich Post von Schleswig bekamen. Im Sommer nahm dann das Dampfschiff die Post nun
täglich morgens um 8.30 Uhr ein und ging um 15.00 Uhr wieder ab.
Bis ins Jahr 1884 hinein versah Nissen den Dienst im Fährhaus. Seine Frau Brigitte starb
an den Folgen eines zu heiß verschluckten Grießkloses wobei sie sich ihre Speiseröhre
verbrannte.
Vom Fährmann Heik weiß man nur zu berichten, daß er seine Kinder nicht in die
Brodersbyer Schule schickte, sondern sie durch eine Gouvernante unterrichten ließ.
Hieraus kann man schließen, daß der Fährbetrieb zu dieser Zeit ein lukratives Geschäft
sein mußte.
Aus Norderfahrenstedt kam der Kaufmannssohn Hans-Heinrich Thomsen im Jahre 1894 an die
Schlei als Fährmann. Seine Frau, Elele-Luise-Henrielle, ist die Schwester des Pastors
Rickmers aus Satrup gewesen. Am 20. Mai 1897 bekamen sie einen Jungen. Dieser
Heinrich-Friedrich-Jacob wurde später Kaufmann in Schleswig. Nach über 100 Jahren ist
die Geburt des Jungen die erste im Fährhaus. Im Jahre 1899 fand hier in Missunde das
große "Kaisermanöver" statt. Am Schluß des Manövers sollte am 3. Juli 1899
eine Parade vor Kaiser Wilhelm II. stattfinden. Das Wetter war bisher trocken, es
herrschte eine lange Zeit der Dürre. Aus Angeln und Schwansen strömten die Menschen
heran um den Kaiser zu sehen. Die Schulkinder von Brodersby, Taarstedt und Ketelsby waren
mit blauen Kornblumen, weißen Wucherblitmen und roten Mohnblumen so geschmückt, daß die
blau-weiß-rote Landesfarbe von Schleswig - Holstein dem Kaiser als Willkommensgruß
dienen sollte. Genau aber an diesem Tag regnete es außergewöhnlich stark. Der
Parademarsch wurde abgesagt und der Kaiser kehrte schon in Bohneit wieder um. Thomsen
hatte seine Räume für den Empfang herrichten müssen und hatte eigens für den Empfang
eine große Tafel decken lassen. Er hatte schon eine Tafel mit der Inschrift:
Nun, aufgestellt wurde das Schild natürlich nicht. in Twedt richtete er 1901 ein Kaufhaus
ein und hieß fortan "Prinz Heinrich".
Sein Nachfolger wurde Klaus Glindemann (1901 - 1904), und sein Schwager Peter Thomsen aus
Blasberg (Töstrup) von 1904 - 1929. Ihre Frauen waren Schwestern aus dem Hansenhof in
Taarstedt. Peter Thomsen wurde als Fährwirt zu einem Original. Man kannte ihn unter dem
Namen ,Peter Blosbarg".
Nach den Geschwistern Nicolaus und Magda Asmussen übernahm Heinrich Jöns den
Fährbetrieb. Heute führt sein Sohn den Fährbetrieb sowie die Gaststätte weiter.
Missunde wurde im letzten Krieg verschont. Lediglich ein amerikanischer Tiefflieger
beschoß den Fährprahm Ostern 1944 mit ein paar Gewehr"kugeln.Man erzählt sich das
ein B16 Bomber seine Bombenlast vor Missunde ausklinkte (bei Frau Sander die den Dorfladen
führte gingen die verschlossenen Fensterläden auf) um dann auf der Schlei notzuwassern.
Das Flugzeugwrack ist noch heute auf dem Echoloot gut zu erkennen (es liegt auf ca. 7 m
Wassertiefe in sichtweite zum Prahm).
Leider ist über den eigentlichen Fährprahm selten etwas zu lesen, außer, daß bis 1960
eine Fähre mit einer Tragfähigkeit von 6 to. ihren Dienst versah. Danach wurde die
Motorfähre mit Unterstützung von Landrat Dr. Kühl eingesetzt. Die neue Fähre trägt 17
to. und läuft ausschließlich mit Motorkraft. Die alte Fähre wurde von den Arnisern
übernommen.
Über die Fährverbindung, der Pontonbrücke und späteren Stahlbrücke zwischen Ellenberg
- Kappeln habe ich in einer separaten Abhandlung beschrieben.
Inschriften des Missunder Fährhauses (Schwansener Seite)
(Die Initialen C7 stehen für den dänischen König Christian VII
17xx-1808)
© 1998 by Helmut Ihrens